Deloitte, EY, KPMG und PwC

Wie die „Big Four“ zur härtesten Konkurrenz des Channels wurden

James Enderson ist Editorial Director Channel Division, Asia Pacific bei IDG und Redakteur bei den New Zealand Reseller News
Harter Wettbewerb ist nichts Neues, aber nie war er so einschneidend wie heute. Laufen traditionelle Systemhäuser Gefahr, von den "Big Four" verdrängt zu werden?

Gehen Sie durch die Drehtüren, vorbei an der Marmorrezeption und in den Aufzug. Gehen Sie nach oben in einen Wartebereich, der einer Hotelsuite gleicht, wo das freundliche Personal Ihre Kaffeebestellung aufnimmt. Genießen Sie den Panoramablick über die Stadt und vergessen Sie nicht, eine aufrechte Haltung einzunehmen und Ihre Jacke von Fusseln zu befreien. Sie sind jetzt in einer anderen Welt.

Willkommen bei den „Big Four“, im Land der Wirtschaftsprüfung, Beratung und Versicherung, gepaart mit einer Portion Steuern, Recht und Finanzen. Das mögen zwar abgenutzte Stereotypen sein, doch die Büros von Deloitte, EY, KPMG und PwC stehen symbolhaft für die Welt des Business, eine Welt der Berater und Strategen.

Doch 2018 werden die Wolkenkratzer-Büros einen sehr großen Schatten auf die Technologiebranche werfen, der schnell bis in den Channel vordringen wird. Dieser einschneidende Wandel erschüttert den Channel bis ins Mark und wirkt sich auf ein Ökosystem von Partnern aus, die bis vor wenigen Jahren in friedlicher Koexistenz mit den Beratungsgesellschaften lebten.

Haben traditionelle Systemhäuser und Integratoren eine Chance gegen Deloitte, EY, KPMG und PwC?
Haben traditionelle Systemhäuser und Integratoren eine Chance gegen Deloitte, EY, KPMG und PwC?

Heute ist jedoch eine Grenze überschritten worden. Auf einem ARN Exchange-Event äußerte sich ein Partner von PwC wie folgt: "Sie können einen Kunden für eine Million Dollar zur Transformation beraten. Oder 50 Millionen Dollar nehmen und in die Transformation investieren." Ein Pfennig fällt von der Spitze der Nahrungskette in die Schützengräben, und große Beratungsunternehmen beraten nicht mehr nur, sondern implementieren und integrieren Technologie-Lösungen und -Dienstleistungen.

"Der Consulting-Bereich genießt den Ruf, aus einem großen Pool von Best Practices, Initiativen, Markttrends und qualifizierten Fachkräften schöpfen zu können, um fundiertere Entscheidungen zu treffen und bessere Ergebnisse zu erzielen", so Jens Butler, Leiter des Bereichs Services and Sourcing Advisory bei Tech Research Asia.

"Dabei liegt der Schwerpunkt auf Problemlösung, Lösungsanalyse, Design und Empfehlungen, die dann zu Full-Service-Implementierungs- und Integrationsbereichen ausgeweitet wurden.“ "Ein Großteil dieser Entwicklung gründete sich auf ihre Erfahrung und Fähigkeit, das Wissen über die Kundenanforderungen zu nutzen, und die Schaffung von Frameworks, Architekturen und Offices, um diese großen Programme abzuliefern."

Doch warum haben die großen Beratungsunternehmen wie Deloitte, EY, KPMG, PwC, Accenture etc. die traditionellen System-Integratoren teilweise abgelöst? "Diese Beratungsfirmen haben an Bedeutung gewonnen", fügte Butler hinzu. "Vieles davon entspricht der Marktentwicklung und den höheren Kundenerwartungen. Dazu gehört auch, dass diese Unternehmen die Aufmerksamkeit, die der "digitalen Reise" zuteilwird, auf sich ziehen und natürlich auch diese Reise mitmachen.

"Ein Teil der Herausforderung besteht darin, zu klären, was digital (und all seine Teilkomponenten) für den Kunden tatsächlich bedeutet, wie er am besten damit umgeht und was seine besten und relevantesten Optionen sind. In Australien und Neuseeland, sagte Butler, suchten viele Unternehmen Klarheit und Orientierung. Immer seltener seien sie daran interessiert, Ihre benötigten Tools während eines vorhersehbaren Verkaufsgesprächs auszuwählen. "Genau das nutzen Firmen wie Accenture und Deloitte aus und konnten so Marktanteile gewinnen", sagte Butler. "Dies geschieht dadurch, dass sie als unabhängiger wahrgenommen werden, ein breiteres Wissen über den Kunden und die Märkte jenseits der IT haben und nah am Unternehmen dran sind.“

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Laut Butler ist das Risk-Management rund um das Technologie-Engagement wieder in den Vordergrund gerückt. "Wert, Kosten und Anwendbarkeit spielen eine Rolle im Entscheidungsprozess, aber das Risiko wird immer einflussreicher", sagte er. "Angesichts der jüngsten Verstöße gegen die Cybersicherheit, der Datenschutzbestimmungen und der allgemeinen Geschäftsauswirkungen ist eine einfache Checkliste für die Technologiefähigkeit unzureichend. "Und die Unternehmensberatungen mit ihren Prüfungs- und Beratungserfahrungen spielen auf dieser Seite eine große Rolle - wie die Einführung der Bereiche Technology Consulting und Enterprise Architecture bei PWC zeigt."

Neuland

Die Deutungshoheit und Marktanteile zu gewinnen, ist selbst für große Unternehmen, die traditionell am Rande des Channels operieren, keine Kleinigkeit. Aber eine solche Verschiebung ist in einer Welt der Technologie beileibe keine Überraschung. Schließlich leben wir uns in einer Zeit, in der jedes Unternehmen geradezu gezwungen ist, ein Technologieunternehmen zu werden.

"Ob Autohersteller wie Tesla, Transportunternehmen wie Uber, Hospitality-Unternehmen wie AirBNB - traditionelle Unternehmen drohen durch die technologische Disruption auszusterben.", fügte Jay McBain, der Hauptanalyst von Forrester, hinzu. "Das bedeutet, dass jedes Dienstleistungs- und Bratungsunternehmen, das diese Branchen unterstützt, auch gezwungen ist, ein Technologie-Unternehmen zu werden."

McBain prognostiziert, dass bis zum Jahr 2020 mehr als 80 Prozent der Accounting- und Marketingfirmen nicht mehr von traditionellen Technologie-Channel-Partnern zu unterscheiden sein werden. Der Bereich Legal ist mit 55 Prozent zwar noch nicht so weit, bewegt sich geht aber in dieselbe Richtung. "Stellen Sie sich vor, alle Unternehmen aus sämtlichen Branchen werden zu Konkurrenten um diese Technologie-Dollar, die von den Geschäftsbereichen zunehmend ausgegeben werden", erklärte McBain. "Das wird einen riesigen Schatten werfen und da wird es schwer, mitzuhalten."

Und der Wettbewerb im lokalen Channel ist hart. Mit aufkommenden Start-ups, die von unten Druck machen, müssen sich Reseller, Integratoren und IT-Dienstleister nun mit Beratungsunternehmen auseinandersetzen, die ebenfalls auf der Jagd nach den Technologie-Dollar sind. Finanzstark und mit einer Riesen-Kundenbasis ausgestattet, sind diese Unternehmen zu harten Konkurrenten avanciert.

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"Angesichts ihrer Präsenz, die sie im gesamten Kunden- und IT-Umfeld haben, genießen sie eine beneidenswerte Position", räumte Butler ein. "Aber das Tempo des Wandels und der Evolution ist so schnell, dass auch sie nicht ruhen können. "Durch den Erwerb geistigen Eigentums, von Integrationsfähigkeiten, Technologien und Branchenlösungen nicht nur in den Bereichen künstliche Intelligenz, Machine Learning und Analytics, sondern auch in den traditionellen Bereichen der Systemintegration, zeigt, dass sie der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein wollen."

"Werden sie ihre Nähe zu den Entscheidungsträgern verlieren? Nur die Zeit wird das zeigen, aber sie sind ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Dienstleistungsbranche entwickelt, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die weitaus schneller ist, als es vielen im Markt lieb ist."

Business-Technologie

Auf lokaler und globaler Ebene erobern neue Technologien die Phantasie von Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe oder Bedeutung. Von künstlicher Intelligenz bis zum Internet der Dinge (IoT) und allem, was dazwischen liegt, erforschen und experimentieren die Kunden in Rekordtempo, wobei sich das kreative Niveau auf dem gesamten Markt erhöht.

Offenheit für technologischen Wandel hat schon immer den flexiblen Playern des Channels geholfen. Diese Player haben eine lange Kundenengagement-Tradition und die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden. Theoretisch sollte daher eine Steigerung der Endkunden-Zufriedenheit den traditionellen Anbietern einen Vorteil verschaffen. "Man könnte meinen, das wäre der Fall", sagte Butler. "Ja, die gegenwärtige Denkweise und zunehmend auch das Budget sind stark auf KI, Robotik, IoT und maschinelles Lernen ausgerichtet - aber die Lücke zwischen dem Wunsch und der tatsächlichen Ausführung liegt derzeit zwischen 12 und 18 Monaten in Australien und Neuseeland."

Aber warum ist das so?

"Die Mehrheit der Kunden versteht, dass sie von älteren auf neuere Plattformen umsteigen müssen", erklärt Butler. "Deshalb wollen sie die beachtlichen Möglichkeiten, die diese neuen Technologien bieten, nutzen und sie sicher, budgetiert und geschäftsorientiert nutzen." Auf der anderen Seite räumte Butler jedoch ein, dass sie auch wüssten, dass die Budgets zunehmend vom Geschäftsergebnis abhängen und dass hier der Bedarf an Übernahmen entsteht.

Die großen Beratungsgesellschaften dringen immer weiter in den Bereich der Technologie-Beratung ein.
Die großen Beratungsgesellschaften dringen immer weiter in den Bereich der Technologie-Beratung ein.
Foto: Pressmaster - shutterstock.com

"Daher erfordert jede Investition ein klares Verständnis davon, wie das Vorhaben das Unternehmen weiterbringen wird. Mir muss zum Beispiel klar sein, wie ein Chatbot dazu beitragen kann, meine Kundeninteraktionskennzahlen zu verbessern oder den Share of Wallet zu vergrößern.", sagte Butler. "Und auch hier können die Unternehmens- und IT-Beratungen auf mehreren Ebenen agieren und helfen, das Geschäft zu neu auszurichten, und nicht nur die schicke Technologie, die hinter den Optionen steht".

Bei der Beurteilung der sich ändernden Kundenanforderungen stellte Butler fest, dass Technologie kein Technologiegespräch mehr ist. "Die internen und externen Geschäftsfaktoren der Kunden spielen eine weitaus größere Rolle bei der Auswahl, Nutzung und Implementierung von Technologien", erklärte er. "Es wird immer wichtiger, dass sich fast jede Unternehmensfunktion zu einer Kern- und Differenzierungsfunktion innerhalb eines Unternehmens entwickelt." "Und die Beratungsfirmen haben langjährige Erfahrung und ausgeprägte Fähigkeiten, wenn es um solche Gespräche geht."

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Hinzu kommt, dass sich die meisten Technologien nicht mehr auf Endanwender-Computing, mobile oder SAP-Lösungen konzentrieren. Das alles trägt dazu bei, dass derzeit gravierende Veränderungen im Gange sind. "Eine entscheidende Frage wird sein, wie alle diese unterschiedlichen Technologiekomponenten zusammenpassen", fügte Butler hinzu. "Zum Beispiel, wie die gesammelten Daten des IoT-Geräts und die damit verbundene Analyse dazu beitragen, ein verbessertes Verkehrsmanagementsystem oder eine proaktive Fahrzeugwartung voranzutreiben. "Es ist ein integrierter Austausch, der die Fähigkeit erfordert, sich sowohl von oben nach unten als auch von unten nach oben zu verbinden."

Haben traditionelle Systemhäuser eine Chance in diesem Kampf?

Für die Tapferen des Channels, die sich mit dieser neuen Art der Konkurrenz auseinandersetzen, ist Trost offenbar Mangelware angesichts der enormen Möglichkeiten, die sich entlang der Korridore der Macht der Beratungsunternehmen bieten. Auch die Beziehungen zu vielen der Technologieanbieter müssten berücksichtigt werden, erklärt Butler. "Das sich ständig weiterentwickelnde und wachsende Ökosystem der Partnerschaften - vor allem aufgrund der wachsenden Nachfrage bei den Kunden und des wachsenden Volumens an Technologien - schafft Spannungen", räumte Butler ein.

"Viele traditionelle Integratoren kämpfen damit, im immer dichter werdenden Geflecht aus Technologien und Beziehung ihre Rolle zu finden. Sie müssen bestimmten Partnern treu bleiben, zum Teil auf Grund der Vergangenheit und auch durch die Art und Weise, wie sie ihre Organisationen strukturiert haben, um diese Technologien zu bedienen. Manchmal kollidieren sie jedoch auch mit ihren eigenen Angeboten.“ "Die Beratungsunternehmen waren in der Regel in der Lage, mit den meisten Technologieanbietern zusammenzuarbeiten, da sie selbst nicht herstellen und als weniger bedrohlich angesehen werden".

In Anspielung auf das Sprichwort - je größer sie sind, desto härter fallen sie - haben Integratoren und IT-Dienstleister immer noch einen Vorteil durch wettbewerbsfähige Preise und mittelständisches Know-how, Bereiche des Channels, die man normalerweise nicht mit den großen Beratungsunternehmen in Verbindung bringt. Diejenigen, die eine offenere Haltung einnehmen, können jedoch einen Crash vermeiden, indem sie effektive Partnerschaften eingehen, vor allem durch die Bereitstellung von Integrationskompetenz und technischen Fähigkeiten, die die Beratungsstrategien ergänzen.

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Ein anderer Weg zu Fortschritt könnte angesichts der jüngsten Marktdynamik auch sein, einfach ein "Zu verkaufen"-Schild aufzustellen und darauf zu warten, aufgekauft zu werden. Ungeachtet der Herangehensweise muss sich der Kanal schnell bewegen, um aus dem Schatten heraus zu kommen und sich wieder seiner eigentlichen Stärken zu besinnen: der Kundenberatung. (mz)

Dieser Text ist eine Übersetzung des Artikels Why the Big Four represent the most formidable competition for the channel unserer Schwesterpublikation New Zealand Reseller News.

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